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  • Arbeitsrecht: Grundlagen fürs Home Office

    - Ein Kommentar von Angela Kolovos - Bereits vor Corona war Mobile Arbeit im Trend. Jetzt ist sie eine Notwendigkeit, da sie Arbeit ohne zwischenmenschlichen Kontakt und Übertragungsgefahr ermöglicht. Das macht sie für Arbeitgeber attraktiv. Für Arbeitnehmer birgt das Chancen wie beispielsweise ein Mehr an Flexibilität. Aber auch Risiken wie etwa die Entgrenzung zwischen Berufs- und Privatleben. Was ist Mobile Arbeit im rechtlichen Sinne? Von Mobiler Arbeit spricht man, wenn Arbeitsleistungen außerhalb des Betriebs ohne festen Arbeitsplatz erbracht werden, dies jedoch nicht wegen der Eigenart der Arbeit zwingend ist, wie es zum Beispiel bei Vertriebs- oder Montagetätigkeiten der Fall ist. Dabei müssen nicht unbedingt mobile Endgeräte genutzt werden. Auch müssen Arbeitszeiten nicht flexibel sein. Außerdem ist Mobile Arbeit nicht gesetzlich geregelt – wieder einmal ein Thema, bei dem Betriebsräte die Ärmel hochkrempeln dürfen! Welche Rolle spielt der Betriebsrat und die Betriebsvereinbarung? Mobile Arbeit kann nicht ohne den Betriebsrat eingeführt werden. Das gilt auch in Ausnahmesituation wie jetzt. Das ergibt sich daraus, dass bei diesem Thema Bereiche der zwingenden Mitbestimmung nach § 87 BetrVG berührt werden, wie z.B. Arbeitszeit, technische Einrichtungen oder Gesundheitsschutz. Auch ist der Wechsel zu oder von Mobiler Arbeit eine Versetzung, die der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unterliegt. Bei einer Betriebsvereinbarung zur Mobilen Arbeit liegt die Herausforderung darin, Wünschen der Belegschaft nachzukommen – befragt Eure Kollegen – und Risiken zu begegnen. Achtet beim Home Office auf die klare Regelung der Arbeitszeiten! Das Arbeitszeitgesetz gilt bei Mobiler Arbeit uneingeschränkt. Arbeitszeiterfassung sollte zwingend Teil der Vereinbarung werden. Wie viel der Arbeitszeit soll flexibel, wie viel fest sein? Wie kann der Beschäftigte seine Arbeitszeit bestimmen? Gibt es Präsenzzeiten im Betrieb? Achtet auf sozialen Kontakt zum Betrieb. Regelt Pausen und Überstunden – aber auch den Umgang mit Zuschlägen. Denkt an Zeiten, in denen Arbeit nicht stattfindet – so genannte „Tabu-Zeiten“. Regelt ein Recht des Beschäftigten auf „Nichterreichbarkeit“. Regelungen der Arbeitszeit können durch Technik gesichert werden; Endgeräte können sich automatisch sperren und Arbeit erst nach Ablauf einer „Ruhezeit“ oder zu bestimmten Uhrzeiten zulassen. Trefft klare Regelungen zu Arbeitsmitteln – von der Nutzung privater Geräte ist abzuraten. Achtet auf Datenschutz – erfasste Daten sollten nur für Zwecke verwendet werden, für die sie erhoben wurden und Verhaltens- und Leistungskontrollen sollen unterbleiben.

  • Digitale Tools, die euch durch die Corona Krise helfen: #1

    Einige von uns haben temporär einen ganz neuen Arbeitsplatz: die eigenen vier Wände. Das erschwert die Zusammenarbeit. In den nächsten Wochen möchten wir euch Tools vorstellen, die euch bei der sinnvollen Gestaltung der Zusammenarbeit helfen. Willkommen zum ersten Teil: Video Calls und Datenschutz! TEIL 1- VIDEO-KONFERENZEN Du kannst als Betriebsrat die Zusammenarbeit im Betriebsrat online aufrecht erhalten. Für Video-Call-Anwendungen spricht vor allem: Die Technik ist einfach zu verstehen und zu nutzen Funktionen wie Bildschirm-Teilen oder Aufnahme ermöglichen dir ein gute Zusammenarbeit. Die Tools eignen sich auch für viele andere Formate wie z.B. kurze Vorträge oder Präsentationen. Konferenz-Apps bieten eine gute Gelegenheit, “Meeting-Kultur” zur optimieren: Ihr könnt euch gut vorbereiten und eine geeignete Teilnehmer-Zusammensetzung bestimmen. Nicht immer müssen alle dabei sein! Mit Zoom, Jitsi, Appear, Google Hangouts und noch vielen weiteren Tools, die sich auf dem Markt tummeln, bleibt dir die Qual der Wahl: Welchem Anbieter schenkst du dein Vertrauen? Die Funktionen sind bei allen mehr oder minder gleich. Im Folgenden erklären wir euch zunächst, was ihr als Betriebsrat über Video-Call-Anwendungen wissen müsst: STARTEN UND EINRICHTEN Alle Anwendungen setzen einen sogenannten „Host“ voraus. Diese(r) hat sich bei dem Anbieter seiner Wahl zu registrieren und kann dann sämtliche Mitglieder zu einer zeitlich definierten Sitzung einladen. Die betreffenden Personen nehmen dann wahlweise über Telefon, Desktop, Notebook oder Mobilgerät an der Besprechung teil. Möchtet ihr euer Bild übermitteln, setzt das natürlich auch für Desktops die Existenz einer Kamera voraus. Gerade für Betriebsratssitzungen bietet es sich natürlich an, dass der/die Betriebsratsvorsitzende die Rolle des Hosts übernimmt. FUNKTIONEN Alle Anwendungen erlauben übersichtliche Video-Konferenzen mit großen Teilnehmerzahlen. Und sie gewähren das Teilen von Bildschirmen, so dass Präsentation möglich sind oder gemeinsam an Dokumenten gearbeitet werden kann. Zudem lassen sich über TED-Voting Systeme Meinungsbilder erstellen und Beschlüsse fassen. Ebenfalls praktisch sind die integrierten Messaging-Tools, mit denen sich aus dem Kreis der Teilnehmenden private oder öffentliche Chat-Gruppen einrichten lassen. VERSIONEN UND PREISMODELLE Natürlich unterschieden sich die Preismodelle von Anbieter zu Anbieter. Manche bieten kostenfreie Versionen an, die bestimmten Einschränkungen unterliegen – zum Beispiel, was die Teilnehmenden-Anzahl oder die zeitliche Dauer von Meetings angeht. Upgrades können mehr, sind aber kostenpflichtig. Schön ist: Viele Anbieter wie zoom oder auch google haben wegen Corona die Funktionen in den Free-Versionen verbessert! DATENSCHUTZ Aufpassen solltet ihr im Hinblick auf die Einhaltung des Datenschutzes. Die betreffenden Server müssen aber nicht unbedingt in Deutschland stehen, um den nötigen Standard aufzuweisen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Anbieter unter dem EU-U.S. Privacy Shield zertifiziert ist. Der Host sollte einen Auftragsverarbeitungs-Vertrag abschließen, in dem die EU-Standardvertragsklauseln aufgeführt sind. Der Anbieter der Anwendung ist dann „Verarbeiter“ von personenbezogenen Daten und agiert in Auftrag und auf Anweisung des Kunden. Als „Datenverantwortlicher“ kann der Host bestimmen, wann Meetings aufgezeichnet werden können, wie lange diese Aufzeichnungen aufbewahrt werden und ähnliches. Es ist also entscheidend, dass der Host die Einstellungen zur Sitzung oder generell zum Vertrag DSGVO-konform vornimmt. Darüber hinaus bleibt die Frage der grundsätzlichen Sicherheit. Zuletzt offenbarte Zoom Sicherheitslücken. Der Hersteller besserte nach und versicherte, dass er diese komplett schloss. Wir bieten auch ein Webinar, das insbesondere den Datenschutz bei Videokonferenzen mit ZOOM thematisiert. TECHNISCHE VORAUSSETZUNGEN Ein letzter Hinweis bezieht sich auf die technische Funktionsweise der Anwendungen: Manche von ihnen sind browserbasiert und lassen sich daher ohne spezielle Konfigurationen der Endgeräte nutzen. Andere wiederum setzen voraus, dass man zuerst eine eigenes Programm installiert. In Fällen, wo letzteres aus organisatorischen oder rechtlichen Gründen nicht möglich ist (beispielsweise bei Dienst-Computern, wo der Arbeitgeber dies verbietet), stellt die zweite Kategorie also keine Option dar. ERFAHRUNGEN Bei der IG Metall haben sich solche Applikationen längst bewährt. Alfons Rüther ist Gewerkschaftssekretär in der Region Mülheim-Essen-Oberhausen und erzählt: „Letztes Jahr habe ich acht Tarifkommissionssitzungen als visualisierte Telekonferenz abgehalten, indem ich die Präsentation aus dem Tarifvertrag dargestellt habe. Auf diese Weise konnten sich die Tarifkommissionsmitglieder über den Verhandlungsstand informieren und ihn mit einem Abstimmungstool bewerten. Was besonders gut funktioniert, sind abgegrenzte und klare Themen mit inhaltlichen Fragestellungen. Auch die gemeinsame Arbeit an Texten klappt sehr gut, weil alle Teilnehmenden direkt alle Änderungen mitverfolgen können.“ Kostenloses Zoom Webinar zum Datenschutz: Di, 28.4., 11 – 12 Uhr: https://zoom.us/j/97625383733 Wer mehr Tipps von Alfons Rüther erhalten möchte, kann hier nachlesen: https://www.inside-igmetall.com/aus-der-region/ Eine Anleitung für Zoom findet ihr hier: https://www.igmetall-sprockhoevel.de/angebote/webinare/how-to.html

  • Krisen-Kommunikation: Wie du als Betriebsrat glaubwürdig agierst.

    Corona breitet sich in Deutschland weiter aus. Politiker verabschieden drastische Maßnahmen, um die Verbreitung einzudämmen. Auch wenn diese auf unsere Gesundheit abzielen, wirken sie sich stark auf unsere Wirtschaft aus. Die Betriebe müssen die Wirkung dieser Maßnahmen vorausahnen und darauf aufbauend Entscheidungen treffen. Das hat Konsequenzen für die Belegschaft und den Beschäftigungsstand. Betriebsräten ist in diesem Prozess häufig unklar, wie sie sich verhalten sollen, wofür sie stimmen sollen und in welchen Fragen sie überhaupt mitbestimmungsberechtigt sind. Wir haben deshalb einen Experten gefragt: Rudolf Reitter, Berater für Betriebsräte und erfahrener Referent. Von ihm wollten wir wissen, wie Betriebsräte in Krisenzeiten agieren und kommunizieren sollten. Corona fordert Mitbestimmung! Allgemeine Schutzmaßnahmen wie beispielsweise verpflichtende Händedesinfektionen oder Anordnung von Homeoffice, etc. sind mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat hat also ein Wörtchen mitzusprechen. Er hat diesbezüglich auch ein Initiativrecht. Auch vorübergehende Betriebsschließungen und Änderung der Arbeitszeiten bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Das gilt insbesondere auch für die Einführung von Kurzarbeit. Übrigens ist im Infektionsschutzgesetz §56 ganz klar geregelt, dass der Arbeitgeber den Lohn bei einer angeordneten Quarantäne weiterzahlen muss. Bloß nicht überrumpeln lassen! Politiker und Unternehmen behaupten momentan das Eine, um im nächsten Augenblick genau das Gegenteil umzusetzen. „Es wird keine Schulschließungen geben!“ Keine 24 Stunden sieht die Sache anders aus. „Die Geschäfte bleiben offen!“ Am nächsten Tag wird auch dieses Versprechen revidiert. „Wir produzieren weiter!“ Mittlerweile ist klar, dass es jede Menge Werksschließungen geben wird. Natürlich steckt dahinter keine böse Absicht. Die Dynamik der Ereignisse ist derzeit schlicht überwältigend. Es bleibt allerdings festzuhalten: Politiker und Unternehmen überschlagen sich mit vollmundigen Ankündigungen. Und kommen kurze Zeit später in der realen Welt an. Da bleibt uns Betriebsräten nur eines: Möglichst ruhig und sachlich reagieren! Und immer im Sinne einer verantwortlichen Mitbestimmung handeln! Immer auf Sicht fahren! In Zeiten, in denen wir wenig wissen und über die Zukunft nur wenig sagen können, sollten wir dafür sorgen, dass wir nicht zu schnell unterwegs sind. Viele Akteure möchten dennoch mit 130 km/h über die Autobahn heizen. Auf Sicht fahren bedeutet aber, eben nur so weit zu planen, wie ich sehen kann. Und für die Kommunikation bedeutet es, keine großspurigen Vorhersagen zu machen, sondern auf Basis des aktuellen Informationsstands Lösungen und Maßnahmen zu entwickeln. Der Betriebsrat ist hier immer mit im Boot, weil alle Maßnahmen zum Verhalten bei Pandemien nach §87 BetrVG mitbestimmungspflichtig sind. Und persönliche finde ich eine gemeinsame Kommunikation und Sprachen von Betriebsrat und Arbeitgeber wichtig. Das verleiht den KollegInnen Sicherheit. Die Diskussionen im Betriebsrat sollten zielgerichtet sein! In meinen Seminaren und Workshops arbeite ich sehr gerne mit dem DISG- Verhaltensmodell von Persolog. Jeder Mensch hat einen Haupt-Verhaltensstil, der vor allem unter Stress zutage tritt. Im DISG-Modell gibt es dominante, initiative, stetige und gewissenhafte Verhaltenstypen. (Hieraus ergibt sich „D-I-S-G“.) Dominante Menschen suchen zuallererst nach Lösungen. Den „Initiativen“ ist es wichtig, ihre persönliche Meinung loszuwerden. Stetige Menschen würde am liebsten gar nichts tun. Und die gewissenhaften Menschen benötigen mehr Informationen, um eine Entscheidung treffen zu können. Aus dem DISG-Modell folgen klassische Verhaltens- und Kommunikationsmodelle: Wenn ein neues Thema auf den Tisch kommt, preschen dominante Menschen vor und rufen: „Da müssen wir jetzt dies und das tun.“ Die gewissenhaften Personen fordern: „Wir benötigen mehr Informationen bevor wir entscheiden können.“ Und so geht es weiter. Ein initiativer Mensch sagt: „Mir ist bei dem Thema dies und jenes wichtig.“ Und kurz vor Schluss meldet sich eine stetige Person und gibt zu bedenken: „Wieso machen wir da überhaupt etwas? Es hat sich doch alles so und so bewährt.“ Methodisch vorgehen und Themen strukturieren Ein solches Szenario ist euch selbst sicherlich aus euren Betriebsratssitzungen vertraut. Mit dem Tool „Themen strukturieren“ könnt ihr aber dieses Durcheinander in eine zielgerichtete Diskussion verwandeln und hierbei alle mit einbeziehen. Hierbei geht ihr in vier Schritten vor: SCHRITT: Aktuellen Stand klären. Wo stehen wir gerade? Was können wir mit Gewissheit sagen? SCHRITT: Handlungsanlass klären. Wieso machen wir bei diesem Thema etwas? SCHRITT: Die Meinung der Belegschaft einholen. SCHRITT: Die Position des Betriebsrats schriftlich festhalten. Und zwar kurz und knackig. Zum Handeln auffordern. Zum Einhalten der Maßnahmen animieren. Ein Beispiel: Wie mein ein zielgerichtetes Anschreiben an die Belegschaft entwirft! Das Tool „Themen strukturieren“ ist nicht nur effektiv im Hinblick auf die Diskussionen in eurem Betriebsrat, sondern ihr könnt damit auch Schreiben und Aushänge an die Belegschaft formulieren. Und zwar welche, die zugleich beschäftigten-orientiert und zielgerichtet sind. Gestaltet das Schreiben einfach nach folgendem Muster: Corona – Pandemie bei [Betrieb / Unternehmen] Aktuellen Stand beschreiben: In unserem Betrieb gibt es zurzeit so und so viel Infizierte. Die Situation in der Produktion sieht so aus; die Situation in den Büros gestaltet sich folgendermaßen […] Handlungsanlass klären: Um unsere MitarbeiterInnen und deren Familien zu schützen, schlagen wir folgende Maßnahmen vor […] Meinungen einholen: Bitte teilt uns eure Ideen und Sichtweisen zur Eindämmung der Pandemie bei uns im Betrieb mit. Position des Betriebsrats beschreiben: Geschäftsleitung und Betriebsrat haben folgende Maßnahmen beschlossen: "Die Kantine ist geschlossen. Bitte bringt eure Verpflegung selbst mit. Bitte wascht euch regelmäßig und gründlich die Hände. Homeoffice: Solltet ihr keinen Laptop haben, dann nehmt euren PC mit nach Hause. Im Betrieb nutzen wir Microsoft Teams, etc. […] In welchen Bereichen benötigt ihr unsere Hilfe und Unterstützung? Bitte meldet euch im Personalbüro oder beim Betriebsrat. Bleibt gesund! Eure Geschäftsleitung, euer Betriebsrat Tipps zur Umsetzung Stimmt das Schreiben mit allen Mitgliedern des Betriebsrats ab! Koordiniert die Inhalte mit der Geschäftsleitung und der Personalabteilung. Nutzt alle Kanäle die euch zur Verfügung stehen – also E-Mail, Infoboards, Intranet, Briefpost, etc. Die Beschäftigten entscheiden, wie sie die Informationen lesen möchten. Und bitte veröffentlicht die Schreiben und Aushänge in den Muttersprachen der Beschäftigten im Betrieb! Wichtige Regeln beim Kommunizieren lauten: • Kürzer geht immer! • Versetzt euch in die Situation der Beschäftigten. • Welche Informationen benötigen sie? • Was gibt Sicherheit? • Was wirft zu viele Fragen auf? Probiert es einfach mal aus. Wenn ihr unsicher seid, könnt ihr mir eure Texte gerne zur Kontrolle zusenden. Viel Erfolg und bleibt gesund! --- Wir hoffen, dass euch klar geworden ist, wie ihr in der Corona-Krise eure Mitbestimmungsrechte aussehen, wie ihr eure Diskussionen im Betriebsrat sinnvoll gestaltet und was ihr an die Beschäftigten eures Betriebs kommunizieren solltet. Falls ihr Fragen habt, ist Rudolf Reitter gerne bereit, euch weiterzuhelfen! Kontaktiert ihn einfach!! --- Rudolf Reitter ist freiberuflicher Trainer und Berater. Sein zentrales Thema ist „Erfolgreiche Teamarbeit im Betriebsrat“. Dies ist auch der Titel seines Buches. https://derbetriebsraeteberater.de https://www.facebook.com/RudolfReitter/ https://www.linkedin.com/

  • New Work #3: Eine nachhaltige Arbeit (Podcast)

    Podcast mit Reiner Hoffmann, DGB Gewerkschaften und New Work? Geht das überhaupt? “Das geht nur mit denen”, sagt Christoph und nach dem Gespräch mit Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes(DGB), sage ich: Die beiden haben recht! Die Rolle der Neuen Arbeit für die Wirtschaft Die Notwendigkeit von Nachhaltigkeit für unsere Arbeit Gesellschaftliche Veränderung im Schnelldurchlauf ZUM PODCAST #PODCAST

  • Psychische Belastung am Arbeitsplatz - Teil 2

    Willkommen zum zweiten Teil unseres großen Experten-Interviews. Immer mehr ArbeitnehmerInnen leiden unter Burnout bzw. Depressionen. Mittlerweile sind Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Dabei zeigen viele Untersuchungen auf, dass diese Leiden nicht auf die „Schwäche“ der betroffenen ArbeitnehmeInnen zurückzuführen sind, sondern aufsteigende Belastungen am Arbeitsplatz. Gerade wir als betriebliche Interessenvertreter müssen dieses Thema sehr ernst nehmen, weil der Betriebsrat das einzige Organ ist, das diesbezüglich im Betrieb kontrollieren und korrigieren kann. Im zweiten Teil dieser Reihe haben wir bei Oliver Winkler, der sich als Referent im IGM Bildungszentrum Sprockhövel unter anderen mit psychischen Belastungen für ArbeitnehmerInnen auseinandersetzt, danach gefragt, wie wir als Betriebsräte erfolgreich gegen psychische Belastungen agieren können und wie die Bildung der IG Metall hierbei behilflich ist. Hallo Oliver! Letzte Woche haben wir uns über Grundsätzliches zum Thema „psychische Belastungen am Arbeitsplatz“ ausgetauscht. Heute soll es um unsere besondere Rolle als Betriebsrat gehen. Du hast letzte Woche „Leistungsverdichtung“ bzw. „Stress“ in unterschiedlichen Formen als wesentliche Ursache für psychische Belastungen angeführt. Die Vermutung liegt nahe, dass wir dagegen nicht so leicht ankämpfen können. Wie kann der Betriebsrat hier dennoch eingreifen? Mein Vorschlag wäre eine Gefährdungsbeurteilung inklusive der psychischen Belastungen im Betrieb durchzuführen. Aus dem Ergebnis der Erhebung müssen dann Maßnahmen abgeleitet werden. Das Problem der Arbeitsverdichtung kann man eigentlich ganz einfach lösen: Nämlich, indem man eine vernünftige Personalplanung durchsetzt (lacht). Soweit zur Theorie. Früher war es so, dass die Unternehmen ihren Personalschlüssel nach den auftragsstarken Phasen ausgerichtet haben. Wenn dann mal weniger zu tun war, wurde einfach aufgeräumt, sauber gemacht oder das Lager aufgefüllt. Dann kam personalpolitisch irgendwann die mittlere Linie, die sich am durchschnittlichen Auftragsvolumen orientierte. Zu dieser Zeit konnte man Auftragsspitzen immer noch durch Mehrarbeit ausgleichen. Aber mittlerweile herrscht in fast allen Bereichen die untere Linie vor. Das bedeutet Mehrarbeit und Leiharbeit sind exponentiell angestiegen. In einer solchen Situation der Arbeitsverdichtung sollte der Betriebsrat auf die Personalplanung ein Auge werfen und könnte Einstellungen als Maßnahme aus dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung vorschlagen! Aber auch die Qualifikation der Beschäftigten wäre u.a. zu betrachten. Gut qualifizierte Beschäftigte haben, was ihre Arbeitsaufgabe betrifft, i.d.R. weniger Stress. Hier hat der Betriebsrat laut BetrVG einen Mitbestimmungsauftrag. Du hast auch beobachtet, dass in den Betrieben oft die Führungskräfte zum Problem werden. Was empfiehlst du uns im Hinblick darauf? Leider lassen sich Führungskräfte nicht so einfach „abstellen“ wie Lärm (lacht)! Nein, ernsthaft: Es ist immer wichtig, danach zu fragen, weshalb eine bestimmte Führungskraft eigentlich so agiert wie sie agiert. Diesbezüglich bekommen wir häufig zu hören, dass in früheren Zeiten die Managements der Firmen nicht so schnell gewechselt haben. Da ist man als Geschäftsführerin/Bereichsleitung schon mal dreißig Jahre bei einem Unternehmen geblieben. Heute sind Manager, gerade in größeren Unternehmen, vielleicht zwei bis drei Jahre da, um etwas Bestimmtes umzusetzen. Danach wechseln sie in andere Bereiche, Betriebe oder Unternehmen. Sie wollen einfach ihre vorher vereinbarten Ziele erreichen und dafür ihren Bonus kassieren: „Nach mir die Sinnflut.“ Häufig leidet dadurch der Blick auf die teilweise schlechten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Geschweige denn das darauf geachtet wird, ob die Tätigkeiten auch bis zum Arbeitslebensende durchgeführt werden können. Es gibt natürlich auch einen großen Anteil von Führungskräften die sehr wohl den Blick für die Beschäftigten haben und oftmals selber überfordert sind. Sie befinden sich häufig in einer Sandwichsituation. Einerseits sollen sie ihre Vorgaben erfüllen und andererseits wollen sie ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und sich um die Beschäftigten kümmern. Wer in der Produktion eine Abteilung von 300 Beschäftigten leiten muss, kann nicht alles im Blick haben. Da wird die Fürsorgepflicht oft vom operativen Geschäft aufgefressen. Der Knackpunkt ist, dass die Führungskräfte häufig bei der Bewertung befürchten, von ihren MitarbeiterInnen an den Pranger gestellt zu werden. Das führt dann zu Desinteresse oder sogar Blockaden. In solchen Fällen muss man als Betriebsrat fair bleiben und sagen: Liebe Führungskraft, auch dich möchten wir schützen! Und wenn sich herausstellt, dass die Führungskraft zu viel zu tun hat, dann müssen an dieser Stelle eben auch Maßnahmen durchgesetzt werden. Gegeben der Fall, dass es im Betrieb Probleme gibt: Wie können wir dann konkret vorgehen? Steht der Betriebsrat ganz alleine da oder kann er sich auch Verbündete mit ins Boot holen? Der Mitbestimmungsauftrag für die Gefährdungsbeurteilung ist durch § 87 (1) Ziff.7 des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt. Wenn der Betriebsrat ein Problem erkannt hat und es angehen möchte, sollte er erstmal die Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Betriebsarzt mit in das Thema einbeziehen und sich beraten lassen bzw. Meinungen dazu einholen. Für die innerbetriebliche Vorgehensweise ist es sehr wichtig die Beschäftigten mit einzubeziehen und sie jeweils auf „Stand“ zu halten. Außerdem kann sich der Betriebsrat durch die Aufsichtspersonen der zuständigen Berufsgenossenschaft oder dem zuständigen „Amt für Arbeitsschutz“ (z.B. Gewerbeaufsichtsamt..) beraten lassen. Die IG Metall in Form der Geschäftsstellen sind natürlich ebenfalls Ansprechpartner und können bei Bedarf auch gute Kontakte vermitteln. Wenn dann die Gespräche bzw. die Verhandlungen diesbezüglich mit dem Arbeitgeber scheitern, weil er nicht mitziehen möchte, dann muss man es eben auch mal eskalieren lassen und die Einigungsstelle gemäß § 87 (2) BetrVG nutzen. Wenn zwei sich streiten, muss eben ein Dritter entscheiden. So sieht es der Gesetzgeber es vor und ist nicht verwerflich. Der Spruch der Einigungsstelle wird dann schriftlich niedergelegt, vom Vorsitzenden unterschrieben und dem Arbeitgeber und Betriebsrat zugeleitet. Der Arbeitgeber hat dann diesen Spruch umzusetzen. Sprechen wir über unsere Seminare zum Thema. Was vermittelt ihr da? Wie sieht die Erwartungshaltung der Teilnehmenden aus? Zunächst einmal vermitteln wir Grundlagen für das richtige Verständnis. Es geht um die sogenannte „Verhältnisprävention“ also um die Gesundheitsvorbeugung im Hinblick auf die Arbeitsplatzgestaltung. Wir klären, was arbeitsbedingte Belastungen und Beanspruchungen sind – und zwar auf der Basis des sogenannten „Belastungs-Beanspruchungs-Modells“ (s.a. Abb. baua). Wir sprechen über Veränderungen des Organismus, die durch Belastungen hervorgerufen werden, und betrachten die physischen und psychischen Belastungen bzw. arbeiten heraus, dass diese im Zusammenhang stehen. Wir klären also erstmal bestimmte Begrifflichkeiten und Zusammenhänge, damit die Teilnehmenden sicher in die Diskussionen mit den Arbeitgebern gehen können. Definitiv falsch ist man bei uns, wenn man Aufklärung im Hinblick auf bestimmte psychische Störungen erwartet. Wie erkenne ich einen Burn Out? Was mache ich mit der betreffenden Person? Das überschreitet einmal unseren Kompetenzbereich da wir keine Psychater sind. Außerdem gehört es definitiv nicht zu den Aufgaben eines Betriebsrats, mit Erkrankten psychoanalytisch oder therapeutisch umzugehen – davon rate ich sogar entschieden ab, weil die Betriebsräte im Allgemeinen dafür höchstwahrscheinlich nicht die richtige Ausbildung haben. Dafür gibt es professionelle Hilfe. Durchaus macht es aber Sinn entsprechend qualifizierte Ansprechpartner inner- oder außerbetrieblich (je nach Betriebsgröße) anbieten zu können. Wenn es Betroffene im Betrieb gibt, sollten sie natürlich auch nicht mit ihrem Problem alleine gelassen werden. Lernt man bei euch auch, wie man auf dieser Grundlage als Betriebsrat im Betrieb praktisch vorgeht? Ja, wir klären das Schritt für Schritt. Zunächst einmal geht es um die möglichen Erhebungs- und Evaluierungsmöglichkeiten für psychische Belastungen im Betrieb. Die TeilnehmerInnen schauen sich ganz praktisch verschiedene Fragebögen an, arbeiten damit und entwickeln ein Gefühl dazu. Außerdem sprechen wir auch über die Umsetzung wie z.B.: Macht es bei erstmaliger Befragung Sinn den ganzen Betrieb zu befragen oder könnten Pilotbereiche/-abteilungen sinnvoller sein? Was passiert nach der Erhebung und der Auswertung? Wie geht es weiter? Vorschläge von Maßnahmen können durch den Betriebsrat und dessen Mitbestimmungsauftrag vom Arbeitgeber einfordert werden –wie ist die Vorgehensweise wenn der Arbeitgeber sich nicht darauf einlässt? Abschließend die Frage: Was wären drei wichtige Empfehlungen für Betriebsräte im Kampf gegen psychische Belastungen. Aus eigener Erfahrung würde ich empfehlen das sich die Betriebsräte und Vertrauensleute in unseren Seminaren erst einmal qualifizieren. Somit bekommt man eine Vorstellung zum Thema und kann offene Fragen klären (wie z.B. Was ist zu berücksichtigen? Wie geht man mit Führungskräften um? Welches Erhebungsverfahren wähle ich?), sowie Erkenntnisse gewinnen (wie z.B. Arbeitsbedingungen so mitzugestalten damit erst gar keine negativen Folgen für die Beschäftigten entstehen). Dann wäre es für Betriebsräte wichtig, eine Strategie zu entwickeln wie z.B.: Wer macht was mit wem? Welche Ressourcen benötigen wir (Zeitaufwand/Freistellung)? Wen nehmen wir mit ins Boot? Wie wollen wir die Interessen der Beschäftigten umsetzen und sind wir zu einer Eskalation bereit (im schlechtesten Fall; Einigungsstelle)? Steht das gesamte Gremium dahinter? Eine Haltung zum Thema im Gremium ist wichtig (psych. Belastungen sollten nicht vernachlässigt werden). und Ziele zu formulieren wie z.B.: Die Arbeit menschengerecht gestalten (wie im ArbSchG formuliert). Alle Beschäftigten sollten bis zu ihrem Arbeitslebensende ihre Tätigkeit auch ausführen können ohne krank zu werden. Gegenüber den Beschäftigten bedeutet das, beteiligungsorientiert arbeiten und alle Beteiligten mitnehmen. Oft sind den Beschäftigten selbst schon die notwendigen Maßnahmen bewusst und schlagen sie vor. Wenn man diese ernst nimmt und umsetzt, kann man auf den nötigen Rückhalt der Belegschaft zählen. Als dritte Empfehlung würde ich formulieren: Fangt einfach an, die Gefährdungsbeurteilung ist kein Buch mit sieben Siegeln. Oft wir dieses Thema zerredet und als kaum durchführbar bezeichnet. Es gibt nicht „den“ Fragebogen oder „die“ Methode. Kommt einfach ins Tun und geht unter Umständen kleine Schritte, besser als keine. Die Gefährdungsbeurteilung ist ein dynamischer Prozess und wiederholt sich. Sie kann jederzeit an den Stellen verbessert werden wo es etwas zu verbessern gibt. Die KollegInnen werden es euch danken!! ///////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// Begriffsklärung: „Gefährdungsbeurteilung“ Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element im betrieblichen Arbeitsschutz. Sie ist die Grundlage für ein systematisches und erfolgreiches Sicherheits- und Gesundheitsmanagement der Beschäftigten – geregelt durch das Arbeitsschutzgesetz. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, für alle Arbeitsplätze eine angemessene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, wobei bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen auch psychische Belastungen berücksichtigt werden müssen. Betriebsräte haben den gesetzlichen Auftrag, darauf zu achten, dass der Arbeitgeber diesen Auftrag erfüllt. Ebenfalls haben Betriebsräte den gesetzlichen Auftrag mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren wo, wer, wann und wie (mit welcher Methode) Gefährdungen an den Arbeitsplätzen ermittelt werden. Dabei haben die Betriebsärzte und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit die Betriebsparteien zu beraten und mitzuwirken. Begriffsklärung: „Verhaltensprävention“ / „Verhältnisprävention“ Im Arbeitsschutz lassen sich diese zwei Ansätze unterschieden: Die Verhaltensprävention bezieht sich unmittelbar auf den einzelnen Arbeitnehmer und dessen individuelles Gesundheitsverhalten, die Verhältnisprävention dagegen auf die Bedingungen am Arbeitsplatz und im Unternehmen. „psychische Belastung“ ist die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf einen Menschen zukommen und diesen psychisch beeinflussen. * „Beanspruchung“ ist die unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinem aktuellen Zustand. * „Belastungs-Beanspruchungs-Modell“ Das Belastungs-Beanspruchungs-Modell erklärt beide Begriffe in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit. Veränderungen der Belastung führen zu Veränderungen der Beanspruchung. Verschiedene Menschen sind bei gleicher Belastung abhängig von ihren Eigenschaften und ihrer Kondition immer verschieden beansprucht. *(Quelle: DIN EN ISO 10075) ///////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// Zur Person: Oliver Winkler ist Bildungsreferent im Bildungszentrum Sprockhövel. Er gibt Seminare zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz. Vor dieser Beschäftigung sammelte er in jahrzehntelanger Arbeit als Betriebsrat Erfahrung in der Betriebspolitik.

  • Podcast: Digitale Transformation im Betrieb

    In unseren Branchen stehen in Deutschland augenblicklich 800.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Alles ist im Wandel. Was das für mich als Betriebsrat heißt? Höre dazu unseren aktuellen Bildungs-Podcast „Digitale Transformation im Betrieb“ mit Stephanie Laux, Leiterin des IG Metall Bildungszentrum Lohr/Bad Orb und Dr. Raphael Menez vom "Team Transformation“ der IG Metall Baden-Württemberg. Hier schon einmal vorab einige Appelle aus unserem neuen PODCAST schwarz auf weiß. 1. Versuche den kommenden Wandel zu durchdringen Jeder Betrieb verändert sich ständig. Das ist für dich als Betriebsrat nichts Neues, sondern eher eine Routineangelegenheit. In der Summe allerdings bedeuten diese Veränderungen allerdings einen tiefgreifender strukturellen Wandel, der vermutlich große Brüche mit sich bringt. Ausgelöst wird dieser als Transformation bezeichnete Prozess durch mehrere Faktoren. Die Klimaerwärmung, die Digitalisierung und das globale politische Kräftemessen haben deutlich an Fahrt aufgenommen. Sie beeinflussen ganz real unsere Kernbranchen Automobil- und Maschinenbau – denken wir beispielsweise an die Themen Kohlendioxid-Emissionen, autonomes Fahren oder den Handelsstreit zwischen der EU, China und den USA. Es ist jedoch die Gleichzeitigkeit, Massivität und die daraus resultierende Dynamik, die das Sicherheitsgefühl der Beschäftigten verringert. Als Betriebsräte sind wir dazu aufgefordert in diesem Prozess einerseits die Übersicht zu behalten, um unsere KollegInnen kompetent zu beraten. Andererseits muss es unsere Mission sein, bevorstehende Veränderungen so zu lenken, dass die Beschäftigten eine sichere Perspektive haben. 2. Begreift was das für euren Betrieb heißt In der Transformation sind die Branchen in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Somit sehen auch die bevorstehenden Veränderungen von Fall zu Fall unterschiedlich aus. Große Konzerne haben andere Reaktionsmöglichkeiten als mittelständische Betriebe. Eine große Aufgabe für uns Betriebsräte ist es, uns schnell und zuverlässig aktuelles Wissen über die speziell in unseren Betrieben anstehenden technischen und organisationalen Neuerungen anzueignen: Welche Produkte sollen an welchem Standort produziert werden? Welche neuen Geschäftsmodelle bestimmen die Zukunft? Und wie werden die Arbeitsbedingungen durch diese Veränderungen beeinflusst? Kurzum: Wir müssen verstehen, was die Unternehmensführung plant und was im Betrieb los ist. Zu diesen tiefgreifenden Entwicklungen und den damit einhergehenden Konsequenzen für unsere Arbeit gibt es in unseren Bildungszentren ein vielfältiges Seminarangebot zur Weiterbildung und zum gezielten Austausch unter KollegInnen. Dieses ist speziell auf die Interessenvertretung im Betrieb ausgerichtet. Gerade mit den Lernfabriken zur „Industrie 4.0“ haben die Bildungszentren in Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen neue Seminarformate entwickelt. Hier kannst du die Arbeit der Zukunft bereits heute erleben: Wie fühlt es sich an, mit Virtual-Reality-Brille zu arbeiten? Wie funktionieren Videoassistenzsysteme für die Qualifikation der Beschäftigten? Gerade in den Lernfabriken kannst du dir eine klare Meinung dazu bilden, was auf dich und deine KollegInnen zukommt. 3. Überdenkt die Gremienarbeit Die Geschwindigkeit, mit der Neuerungen in Betrieben aufschlagen, ist enorm. Betriebsratsgremien, die in klassischen Ausschussstrukturen arbeiten, sind oftmals nicht mehr in der Lage, auf die Vielfalt der Themen angemessen zu reagieren und passende Strategien zu entwickeln. Wir müssen folglich in den Betriebsratsgremien schneller und flexibler arbeiten als früher. Die Gremienarbeit wird sich künftig vermutlich noch weiter verdichten. Beim Aufbau von Durchführungs-Kompetenzen und Projektmanagement-Skills können die Bildungszentren der IG Metall ebenfalls behilflich sein. Die Bildungsabteilung bietet eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Seminare zu wegweisenden Arbeitsmethoden. Das Arbeiten in agilen Teams kann gerade für dein Gremium der Weg sein, Interessenvertretung erfolgreich umzusetzen. 4. Stellt euch auf eine lange Umsetzung ein In der aktuellen Transformation ist betriebliche Interessenvertretung ein Marathon und kein Kurzstreckenlauf. Vor uns liegen langfristige Prozesse. Sie haben eine strategische Ebene, finden in unterschiedlichsten Handlungsfeldern statt und sind durch die im Betriebsverfassungsrecht zur Verfügung stehenden Instrumente zu gestalten. Der Betriebsrat sollte diese langfristigen Prozess in handhabbare kleinere Projekte mit smarten Zielen zerlegen. Für die Umsetzung stehen einerseits die Transfomationsteams der IG Metall beratend zur Seite. Versucht andererseits die Arbeitgeberseite in diese Projekte einzubinden, so dass nach Möglichkeiten von Anfang an beide "Seiten" an einem Tisch sitzen. Erst wenn das schiefgeht, beispielsweise bei drohenden Werksschließungen, müssen wir Betriebsräte den Konflikt suchen. Im Interesse der Arbeitssicherung. Bezieht ebenfalls die Beschäftigten frühzeitig in Entscheidungsprozesse ein. Seid dabei kommunikativ auf potenzielle Konflikte vorbereitet. Wie vermittelt ihr beispielsweise bestimmte getroffene Übereinkünfte zwischen dem Betriebsrat und der Unternehmensführung? Das steht möglicherweise im Widerspruch zu dem absolut richtigen Wunsch der KollegInnen mit- und ernstgenommen zu werden. NEUGIERIG GEWORDEN? Nur wenn wir als Betriebsräte unser Wissen und unsere Kompetenzen in der Transformation stärken, können wir etwas bewegen. Das komplette Gespräch und weitere Insights für deine Arbeit als Betriebsrat bekommst du von Stephanie Laux und Dr. Raphael Menez direkt. Im Podcast. Los geht's.

  • Psychische Belastung am Arbeitsplatz - Teil 1

    Was müssten Betriebsräte beim Thema Psychische Belastungen am Arbeitsplatz wissen? Lies dazu den ersten Teil unseres großen Experten-Interview mit Oliver Winkler. Schaut euch mal unter den KollegInnen um: Immer mehr ArbeitnehmerInnen leiden unter Burnout bzw. Depressionen. Mittlerweile sind Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Dabei zeigen viele Untersuchungen auf, dass diese Leiden nicht auf die „Schwäche“ der Betroffenen zurückzuführen sind, sondern auf steigende Belastungen am Arbeitsplatz. Gerade wir als betriebliche Interessenvertreter müssen dieses Thema sehr ernst nehmen, weil der Betriebsrat das einzige Organ ist, das diesbezüglich im Betrieb kontrollieren und korrigieren kann. Im ersten Teil dieser Reihe haben wir bei Oliver Winkler, der sich als Referent des IGM Bildungszentrum Sprockhövel im Handlungsfeld Arbeits- und Gesundheitsschutz mit psychischen Belastungen für ArbeitnehmerInnen auseinandersetzt, danach gefragt, ab wann Arbeit eigentlich zu einer gefährlichen Belastung wird und welche Faktoren hierfür verantwortlich sind. Er berichtet euch von seinen Seminarerfahrungen mit den BetriebsrätInnen zum Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Lieber Oliver, viele aktuelle Untersuchungen zeigen, dass dauerhafte Überlastung durch Arbeit psychische Erkrankungen nach sich zieht. Wer oder was ist eigentlich für solche Überlastungen verantwortlich? Ich habe in den letzten Jahren in den Betrieben viele Phänomene beobachtet, die sich als „Leistungsverdichtung“ zusammenfassen lassen. Leistungsverdichtung kommt beispielsweise zustande, wenn Unternehmen versuchen, mit immer weniger Personal immer mehr Aufgaben zu erledigen. Ein zweites wichtiges Problem, welches häufig geäußert wird, ist das Verhalten der Führungskräfte. Führungskräfte stehen heutzutage unter enormen Erfolgsdruck und das geben sie gerne an ihr Personal weiter. Mangelhafte Arbeitsorganisation und mangelhaftes Kommunikationsverhalten wären weitere wichtige und weit verbreitete Faktoren. Wenn die Kommunikation mit den anderen nicht klappt und bestimmte Bereiche nicht gut zusammenarbeiten bzw. Kompetenzen ungeklärt sind – dann entsteht Stress. Im Zusammenhang gesprochen geht es auch sehr stark um soziale Beziehungen zwischen den KollegInnen untereinander und zwischen KollegInnen und Führungskräften, die gerade dann sehr leiden, wenn die Anforderungen hoch oder zu hoch sind. Ebenso geht soziale Isolierung auf das eigene Wohlbefinden. Aber nicht nur Überforderung (z.B. Leistungsverdichtung) sondern auch Unterforderung können negative Auswirkungen im Menschen verursachen. Wir alle wissen: Arbeit ist anstrengend und kann belastend sein. Aber ab wann sind ArbeitnehmerInnen eigentlich unzulässig überlastet? Der Knackpunkt mit psychischen Belastungen ist, dass sie sich nicht so einfach messen lassen wie – sagen wir Lärm, für den es vom Gesetzgeber klare Grenzwerte gibt. Auch sind die Beanspruchungsgrenzen und Regenerationsbedarfe von ArbeitnehmerIn zu ArbeitnehmerIn unterschiedlich. Wir alle bringen nun mal nicht nur individuelle körperliche, sondern auch individuelle geistig-seelische Anlagen und Konstitutionen mit. Aber mit der „Gefährdungsbeurteilung“ haben wir eine sehr gute Methode, um nicht nur physische, sondern auch psychische Belastungen zu erfassen. Arbeitgeber sind seit 1996 verpflichtet, für alle Arbeitsplätze eine angemessene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, wobei psychische Belastungen gemäß Arbeitsschutzgesetz unbedingt zu berücksichtigen sind. Im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung gibt es unterschiedliche Methoden, um psychische Belastungen zu evaluieren. Zum Beispiel Fragebögen, Workshops oder die Beurteilung von Gesprächen durch sogenannte „Rater“ (engl.). Wenn man in einem Betrieb eine Erhebung durchführt und man dort immer wieder auf das gleiche Problem stößt, dann spricht das natürlich für eine Verantwortung der Unternehmen diese Belastung möglichst abzustellen bzw. zu minimieren. Die Faustformel lautet: Wenn 30-40% der Mitarbeiter auf dasselbe Problem hinweisen, sollten Maßnahmen ergriffen werden. Welche Maßnahmen das sein könnten, muss dann zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung ausgehandelt werden. Das Engagement des Arbeitgebers und des Betriebsrats erwarten die Beschäftigten in solchen Fällen auch unbedingt! Schwieriger wird es, wenn beispielsweise einzelne Beschäftigte in einer Abteilung ein Problem haben (z.B. mit der Führungskraft, Mobbing, sexuelle Belästigung etc.). Einzelfalllösungen sollten daher ebenfalls geregelt bzw. betrachtet werden können. Wie lassen sich psychische Belastungen am Arbeitsplatz eigentlich vermeiden? Da kann man auf zwei unterschiedliche Arten ansetzen. Der Arbeitsschutz unterscheidet hier die „Verhaltensprävention“ von der „Verhältnisprävention“. Diese Begriffe klingen kompliziert, sind aber schnell erklärt. Bei der Verhaltensprävention geht es um die einzelnen Beschäftigten und dessen individuellen Gesundheitsverhalten (z.B. Ernährung, Sport, Unterweisungen, Qualifikationen..). Die „Verhältnisprävention“ beschäftigt sich dagegen mit der Gesundheitsvorbeugung im Hinblick auf die Arbeitsplatzgestaltung (z.B. Ergonomie, Gefahrstoffe, Arbeitsmittel, Arbeitszeit..). Die Arbeitsplätze mit zu gestalten ist die Kernkompetenz der Betriebsräte. Hier kennen sie sich gut aus und wissen oftmals sehr genau was dort zu verbessern ist. Natürlich funktioniert das nur wenn die Betriebsräte sich bei den Beschäftigten über die Arbeitsbedingungen informieren. Sie sind die Profis für ihren Arbeitsplatz. Letztlich ist der Betriebsrat das einzige Organ, das diese Kontroll- oder Korrekturfunktion ausüben kann. Von staatlicher Seite gibt es zwar die Gesetze, aber die Betriebsräte klagen häufig über die mangelnden Ressourcen der Aufsicht. Wenn es schlecht läuft dauert es Jahre, dass ein Unternehmen mal kontrolliert wird. Und: Nur in etwa 50 % der Betriebe haben eine Gefährdungsbeurteilung und davon haben meiner Einschätzung nach nur etwa 20 % psychische Belastungen inbegriffen bzw. erfassen diese! Hier besteht also dringender Nachholbedarf!! Was ist, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und Prävention zu spät kommt? Wie lässt sich der Umgang mit psychischen Erkrankungen seitens der Beschäftigten und ArbeitgeberInnen beschreiben? Was hast du in den Betrieben beobachtet? Bei vielen Betroffenen ist natürlich Scham mit im Spiel. Der Umgang mit psychischen Störungen ist in unserer Gesellschaft ja immer noch ambivalent. Man möchte nicht als „schwach“ oder „zerbrechlich“ dastehen. Genauso wenig als „bekloppt“ oder „plemplem“. Die ArbeitgeberInnen versuchen sich oft, aus der Affäre zu ziehen. Aber die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen liegt ganz klar beim Arbeitgeber und die Betriebsräte sollten sie auch darauf hinweisen. Und als letztes Mittel können/sollten sie auch initiativ werden und die zugunsten der Beschäftigten geltenden Gesetze (z.B. eine Gefährdungsbeurteilung, gemäß Arbeitsschutzgesetz, inkl. psych. Belastungen) einfordern bzw. über Dritte durchsetzen. Wie ihr euch in solchen Fällen als Betriebsrat am besten verhaltet? – Das erfahrt ihr im zweiten Teil unserer Interviewreihe zum Thema Psychische Belastungen am Arbeitsplatz! Bleibt also dran.

  • Gerichtsurteil zur Arbeitszeiterfassung

    - Kommentar von Angela Kolovos - Das EuGH-Urteil erweitert deine Mitbestimmung Warum das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung so wichtig für Betriebsräte ist. Es ist Euch sicherlich in den Medien begegnet: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zur Arbeitszeiterfassung vielleicht eine der wichtigsten Entscheidungen der vergangenen Jahre getroffen! Aber was hat der EuGH eigentlich entschieden und wieso? Bisher gab es keine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung. Der Gerichtshof hat jetzt entschieden, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Arbeitgeber*innen verpflichten müssen, die Arbeitszeit der Arbeitnehmer*innen zu erfassen. Die Richter*innen meinen, dass nur so die Einhaltung von Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer*innen wie Höchstdauer der Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sichergestellt werden kann. Und weshalb ist das EuGH Urteil so wichtig? Das Thema Arbeitszeit ist eins der wichtigsten Themen unserer Zeit. Es beeinflusst – so wie auch das Thema Gehalt – das Leben der Arbeitnehmer*innen direkt. Mit allen anderen Themen, die aktuell unsere Arbeitswelt bewegen, wie zum Beispiel Industrie 4.0 oder Gesundheit ist Arbeitszeit untrennbar verbunden. Arbeitnehmer*innen sind heute vermehrt von Überforderung durch zu langes Arbeiten, fehlende Pausen und verkürzte Ruhezeiten bedroht. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung wird die Situation der Arbeitnehmer*innen verbessern, da die Arbeitszeit sichtbar wird. Arbeitnehmer*innen können so eher die Einhaltung ihrer Rechte im Auge behalten. Was bedeutet diese Entscheidung für Betriebsräte? Die Mitbestimmung im Bereich Arbeitszeit ist eine der wichtigsten: Egal ob Schichten, Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit oder Überstunden – Arbeitgeber können nur zusammen mit den Betriebsräten die Arbeitszeit gestalten. Bei dieser Art von Mitbestimmung haben Betriebsräte ein Recht, Regelungen von sich aus anzustoßen (Initiativrecht). Was der Betriebsrat hier zusammen mit dem Arbeitgeber*in regelt, wirkt sich direkt auf die Arbeitnehmer*innen aus. Die Regelungen zur Arbeitszeit sind eine Chance, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer*innen faktisch zu verbessern. Das EuGH-Urteil kann Mitbestimmungsmöglichkeiten des Betriebsrats erweitern: Das Bundesarbeitsgericht hatte bislang entschieden, dass der Betriebsrat die Einführung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems nicht verlangen kann, wenn der Arbeitgeber*in das nicht möchte. Nach der Entscheidung des EuGH kann dem Betriebsrat nun doch ein Initiativrecht auf Einführung einer Arbeitszeiterfassung zustehen. Denn der EuGH sieht die Regeln zur Arbeitszeit als dem Thema Gesundheit zugehörig. Arbeitszeitrecht schützt Arbeitnehmer*innen vor gesundheitsschädigender Überforderung. Das Fehlen einer Arbeitszeiterfassung sieht er als Gefährdung der Gesundheit. Der Betriebsrat kann bei Gesundheitsthemen Regelungen anstoßen, soweit eine Gesundheitsgefährdung besteht. Daraus ergibt sich, dass Betriebsräte die Einführung einer Arbeitszeiterfassung verlangen können. Und was heißt das jetzt genau? Ganz einfach: Nehmt das Thema Arbeitszeiterfassung in die Hand. Nur dann lassen sich die Rechte deiner Kolleg*innen effektiv schützen! ____________ Zum Urteil: Das EuGH-Urteil im Wortlaut findest du hier. Zur Autorin: Angela Kolovos ist Fachanwältin für Arbeitsrecht. Als externe Bildungs-Referentin gibt sie bei der IG Metall Seminare zum kollektiven und individuellen (Arbeits-) Recht sowie zum Anti-Diskriminierungsrecht. Darüber hinaus ist sie Partnerin in einer auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt.

  • Von den Alten lernen

    Ein kritischer Blick auf das Neue Arbeiten mit Stephan A. Jansen, aus der Brand 1 Mit New Work passt sich die Arbeitswelt an die nächste Generation an. Aber was haben die Unternehmen davon? ZUM ARTIKEL Stephan A. Jansen ist Leiter des Center for Philanthropy & Civil Society (PhiCS) an der Karlshochschule und ist Partner der Sozietät „Das 18te Kamel & Komplizen“ in Berlin, Hamburg, Wien #PRESSE

  • Vom Office Sharing zum Desk Sharing

    Wenn Beschäftigte heute jeden Arbeitstag an einem anderen Schreibtisch zu finden sind, dann hat das gewöhnlich nichts mit mangelndem Orientierungssinn zu tun. Dahinter steckt eine neue Strategie der Unternehmen, die auf Neudeutsch „Desk Sharing“ genannt wird. Im Prinzip geht es darum, leerstehende Schreibtische zu vermeiden und hierdurch Raum einzusparen. Wir haben Regine Rundnagel, die Beraterin für Arbeits- und Gesundheitsschutz ist, danach gefragt, was es damit auf sich hat, welche Nachteile für die Beschäftigten drohen und worauf sich die betriebliche Interessenvertretung einstellen sollte. Hallo Regine, vielen Dank für die Bereitschaft zu diesem Interview. Desk Sharing ist ja ein großer Trend. Wie genau muss man sich das eigentlich vorstellen? Beim Desk Sharing haben die Beschäftigten keinen festen Arbeitsplatz. Gewöhnlich werden sie also jeden Morgen auf die Reise geschickt und müssen sich einen noch freien Schreibtisch suchen. Da kann es aber auch schon mal zu Engpässen kommen. Denn grundsätzlich gibt es ja immer weniger Schreibtische als Angestellte. Dahinter steht der Versuch, durch die Vermeidung ungenutzten Raumes Kosten einzusparen. Gerade prestigeträchtige Standorte in Stadtzentren sind ja sehr kostenintensiv. Die Frage ist aber: Was bedeutet es beispielsweise für die Beschäftigten, wenn sie morgens erst ihren Arbeitsplatz suchen müssen, oder wenn Menschen, die morgens immer einen Tick später kommen, weil sie erst ihre Kinder zur Kita bringen müssen, immer nur den wuseligen Arbeitsplatz im Durchgang abbekommen. In manchen Firmen ist es so, dass bei Überbelegung einfach die Kantine aufgemacht wird. Die Beschäftigten müssen dann an Tischen sitzen, die ergonomisch nicht als Arbeitsplatz taugen. Manche fahren dann lieber nach Hause und fangen um 11:30 Uhr frustriert im improvisierten Home Office die Arbeit an. Wie lässt sich die Haltung der Beschäftigten zu diesem Thema beschreiben? Unter den Beschäftigten gibt es hierzu völlig unterschiedliche Meinungen. Manche finden das ganz schick, kommen beispielsweise gerade von der Uni und kennen das nicht anders, hatten nie einen anderen Arbeitsplatz als Lounge oder Kantine. Auf dem Sofa schnell nochmal was machen mit dem Notebook: Geht ja alles. Auf Dauer ist so etwas aber problematisch. Wir sollen ja bis 70 durchhalten können. Es ist also ganz klar auch ein Arbeitschutz-Thema. Was rätst du einem Betriebsrat, wenn er in einer Situation ist, in der die Beschäftigten mit Desk Sharing d‘accord gehen? Gerade junge Menschen scheinen die wohnzimmer-artigen Offices à la Coworking Space ja schick zu finden. Man muss auch jungen Menschen, die das schick finden, ihre eigene gesundheitliche Situation bewusst machen. Wie bei allen Veränderungen geht es um Information, Aufklärung und Sensibilisierung. Wie sind die ergonomischen Bedingungen unter denen ich arbeite? Wie sehen die Konsequenzen für Schulter, Nacken und Augen auf Dauer aus? Ich habe nichts dagegen, dass man zwischendurch mal für ne Stunde auf dem Sofa in das Notebook klimpert. Aber es muss auch Arbeitsplätze geben, auf denen ich für ein paar Stunden wirklich gut arbeiten kann. Das ist auch zuhause auf dem Küchentisch nicht unbedingt der Fall. Da sieht man das Spannungsfeld und das Regelungsfeld für die betriebliche Interessenvertretung. Und wie sollte der Betriebsrat konkret vorgehen? Für den Betriebsrat ist es entscheidend, sich bei Neubauten, Umgestaltungsplänen oder Umzügen frühzeitig einzuschalten. Es muss ausreichenden zeitlichen Vorlauf schaffen, um die Beschäftigten informieren zu können und in eine Diskussion in Gang zu bringen. Beispielsweise ist die Umstellung von der klassischen Bürostruktur mit Zweier- oder Vierer-Räumen auf einen modernen Open Space ja ein richtig gehender Kulturbruch. Die Beschäftigten haben sich völlig anders zu verhalten als früher, was einen Lernprozess voraussetzt. Und hierzu muss man eben rechtzeitig den Fuß in den Planungsprozess bekommen! Das ist die wichtigste Aufgabe für den Betriebsrat. Ganz wichtig ist auch, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beschäftigten einzugehen: Große Menschen benötigen andere Schreibtische als kleine. Ältere Menschen denken anders als Jüngere. Auch verschiedene Tätigkeiten implizieren verschiedene Anforderungen an den Arbeitsplatz: Entwickler arbeiten anders als Controller. Die Rechtsabteilung telefoniert nicht so viel wie der Vertrieb., etc. Die Firmen möchten Standards haben, aber dass geht oft an den Individuen und Tätigkeiten vorbei. In großen Räumen wird das Telefonieren oft zum Problem. Auch das Thema Home Office ist ja zweischneidig, weil ja langfristig der Kontakt zu den KollegInnen verloren gehen kann. Solche Widersprüche gibt es immer. Als Betriebsrat muss man mit solchen Widersprüchen umgehen. Das geht aber nur, wenn ausreichend Raum geschaffen wird, um das zu diskutieren und zu klären. Worauf kann sich der Betriebsrat bei seinen Interventionen berufen? Einerseits gibt es ja ein Recht des Betriebsrats auf frühzeitige Information. Und zwar nicht erst, wen wenn die Trockenbauer die Wände gestellt haben. Dieses Recht, bei den Arbeitsbedingungen mitzusprechen, muss der Betriebsrat gegenüber der Unternehmensführung durchsetzen. Zudem gibt es technische Regeln für Arbeitsstätten. Da sind die Anforderungen für die verschiedenen Tätigkeiten festgehalten. Die stärken den Betriebsrat auf jeden Fall und geben ihm Orientierung. In der Planung ist es vor allem wichtig, die Gestaltung der Räume nach den darin vollzogenen Tätigkeiten auszurichten. Dabei gibt es auch bestimmte psychische Belange. Auf dieser Basis muss dann auch die Gefährdungsbeurteilung erstellt werden – und zwar vorab, nicht hinterher.

  • Die Rolle von Einigungsstellen im Betrieb

    Kommt es bei einem Konflikt zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat beispielsweise bei geplanten Betriebsänderungen, besteht die Möglichkeit eine Einigungsstelle einzurichten. Ganz einfach ausgedrückt sind diese innerbetriebliche Einrichtung zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten gedacht und werden erst gebildet, wenn alle Verhandlungsoptionen ausgeschöpft sind. Für dich als Betriebsrat oder Betriebsrätin stellt sich die Frage, wie eigentlich das Prozedere konkret aussieht. Was musst du als Betriebsrat in so einem innerbetrieblichen Verfahren beachten? Erfahre in diesem Beitrag alles zum Thema Einigungsstelle. Was ist eine Einigungsstelle? Als Betriebsrat oder Betriebsrätin nimmst du an Verhandlungen mit dem Arbeitgeber teil. Ist auch nach mehreren Verhandlungen keine Einigung in Sicht oder entzieht sich die Gegenseite, wird eine sogenannte Einigungsstelle eingesetzt. Diese ist weder ein Gericht noch Verwaltungsorgan, sondern ein für den konkreten Fall eingerichtetes Organ der Betriebsverfassung. Den rechtlichen Rahmen zur Einigungsstelle findest du in § 76 des Betriebsverfassungsgesetzes. Hier sind der Zweck, die Zusammensetzung und Verfahrensablauf festgelegt. Die zentrale Aufgabe einer Einigungsstelle besteht darin, eine Meinungsverschiedenheit zu einem konkreten Sachverhalt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beizulegen. Die innerbetriebliche Einrichtung wird mit einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt. Darüber hinaus können weitere Regelungen, wie zum Beispiel die Einrichtung einer ständigen Einigungsstelle, durch eine Betriebsvereinbarung getroffen werden. Konfliktbeilegung durch eine Einigungsstelle Laut Betriebsverfassungsgesetz § 74 sind Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht gestattet. Deshalb stehen im Idealfall beide Parteien in einem regelmäßigen Austausch. Im Rahmen der Zusammenarbeit finden in der Regel einmal im Monat Treffen statt, in denen alle anstehenden Fragen im Bereich betrieblichen Mitbestimmung geklärt werden. Kommt es hierbei zu einem unüberwindbaren Konflikt, bleibt nur noch die Möglichkeit eine Einigungsstelle einzurichten. Wenn der Arbeitgeber oder Betriebsrat den Verhandlungen fernbleibt oder diese ohne Erfolg abgebrochen werden, ist die Einrichtung einer Einigungsstelle erzwingbar. Die Entscheidung, ob eine Verhandlung als gescheitert zu betrachten ist, liegt dabei im Ermessen der beteiligten Betriebsparteien. Der Einigungsstelle kommt dann eine sogenannte Schlichtungsfunktion zu und soll nach Betriebsverfassungsgesetz eine Ausnahme sein. Die Verfahrensschritte zur Einigungsstelle im Überblick Wird eine Einigungsstelle einberufen, nimmt diese mit sofortiger Wirkung ihre Arbeit auf. Sie wird einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden gebildet. Der oder die Vorsitzende muss zwischen beiden Betriebsparteien einvernehmlich namentlich festgelegt werden. In der Praxis übernehmen oft erfahrene Arbeitsrichter diese Aufgabe. Können sich die beiden Parteien auf keine Person einigen, entscheidet das örtlich zuständige Arbeitsgericht. Die Beisitzer sind zwar nicht konkret an die Weisungen der jeweiligen Parteien gebunden, übernehmen aber praktisch die Rolle von Interessenvertretern. Das Verfahren wird durch den Vorsitzenden oder der Vorsitzenden durch Einladung zur Sitzung eröffnet. Diese wird durch den oder die Vorsitzende geleitete. Sämtliche Beschlüsse erfolgen nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Wird im Verfahren ein Kompromiss erzielt, wird dieser als Beschluss vom Vorsitzenden schriftlich niedergelegt, unterschrieben und beiden Parteien zugeleitet. Fazit Die Einigungsstelle stellt die Ultima Ratio im Konfliktfall zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat dar. Sie wird einberufen, verhandelt und entscheidet, wenn sämtliche Verhandlung scheitern. Das Ziel besteht darin, ein beschlussfähiges Ergebnis und Interessenausgleich zu erzielen. Ein für beide Seiten akzeptabler Kompromiss setzt jedoch auch voraus, dass beide Parteien diesen auch anstreben.

  • Arbeitsrecht-Seminare und -Weiterbildungen für Betriebsräte

    Als Betriebsrat oder Betriebsrätin benötigst du ein umfangreiches Wissen zu sehr unterschiedlichen Themenfelder. Einer der wichtigsten Bereiche ist mit Sicherheit das Arbeitsrecht. Du bist erster Ansprechpartner oder erste Ansprechpartnerin, wenn es dazu im Betrieb zum Konflikt kommt. Nur wenn du mit den einschlägigen Paragraphen des Arbeitsrechts vertraut bist, kannst du diese Aufgabe wahrnehmen. Insbesondere neugewählte Betriebsräte müssen auf diesem Gebiet schnell fit sein. Unsere Grundlagenseminare zum Arbeitsrecht liefert dir einen umfassenden Überblick und nehmen Bezug zu konkreten Beispielen aus dem betrieblichen Alltag. Das Arbeitsrecht im Überblick Welche Bereiche im betrieblichen Alltag sind konkret im Arbeitsrecht geregelt? Grundsätzlich umfasst es alle relevanten Bestimmungen zur Erwerbstätigkeit. Es regelt das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Aber wie sieht das in der Praxis aus? In drei Seminaren zum Thema Arbeitsrecht bekommst du, neben der Theorie, an Hand von Fallbeispielen ein solides Wissen von unseren Experten. Die drei Weiterbildungen behandeln dabei verschiedene Bereiche: Der Arbeitsvertrag Das zentrale Element eines Beschäftigungsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag. Hier werden die Rahmenbedingungen (Dauer, Vergütung, Hauptpflichten) des Arbeitsverhältnisses geregelt. Als Betriebsrat oder Betriebsrätin hast du bei Einstellungen ein Mitspracherecht. So ist beispielsweise der Arbeitsvertrag ungültig, wenn keine Zustimmung des Betriebsrates vorliegt. Hier benötigst du ein fundiertes Wissen zu den gesetzlichen Regelungen und zum Gültigkeitsprinzip im Arbeitsrecht sowie den Mitbestimmungsmöglichkeiten des Betriebsrates bei Neueinstelllungen. In dem Seminar “Arbeitsrecht 1 - Arbeitsvertrag” lernst du alle wichtigen Fakten zum Arbeitsvertrag und deine Rolle als Betriebsrat bei Einstellungen. Bestehende Arbeitsverhältnisse und Tarifrecht Als Betriebsrat oder Betriebsrätin stellst du sicher, dass alle Vorgaben aus dem Arbeitsrecht eingehalten werden. Dies gilt natürlich auch für ein bestehendes Arbeitsverhältnis. Neben dem Arbeitsvertrag sind an dieser Stelle das Tarifrecht und konkrete Betriebsvereinbarungen relevant. Du setzt dich für die Belange der Belegschaft ein und berätst im Konfliktfall, beispielsweise wenn es um nicht bezahlte Entgelte oder den Urlaubsanspruch geht. Damit du diese Aufgabe wahrnehmen kannst, vermittelt das Seminar “Arbeitsrecht 2 - Arbeitsverhältnis” dir alle Aspekte rund um das Tarifvertragsrecht und Arbeitszeitregelungen. Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Endet das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigung, kommt es unter Umständen zum Streit. Als Betriebsrat musst du deshalb sämtliche Schutzrechte für die Beschäftigten kennen, um richtig Handeln und den Betroffenen helfen zu können. Das dritte Seminar im Bereich Arbeitsrecht "Arbeitsrecht 3: zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses" legt deshalb den Fokus auf alle möglichen Formen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wie zum Beispiel den Unterschied zwischen einer ordentlichen und außerordentlichen Kündigung. Außerdem lernst du Alternativen zur Kündigung kennen und wie du deine Kollegen im Konfliktfall im Rahmen arbeitsgerichtlicher Verfahren unterstützen kannst. Fazit Ohne ein solides Wissen zu rechtlichen Bestimmungen rund um das Beschäftigungsverhältnis bist du in der Praxis aufgeschmissen. Nur wenn du dich im Arbeitsrecht auskennst, kannst du deine Aufgabe als Betriebsrat oder Betriebsrätin wahrnehmen und die Belegschaft bestmöglich beraten und unterstützen. Die Grundlagenseminare zum Arbeitsrecht lassen keine Fragen offen und liefern praktische Fallbeispiele aus erster Hand.

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