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Kernkompetenzen stärken: Die tarifpolitische Bildungsoffensive gemeinsam gestalten

Wir sprechen mit Irene Schulz über die Notwendigkeit einer Tarifpolitischen Offensive, die Kernkompetenzen der IG Metall und über die Wünsche der aktiven IG Metaller*innen.



Warum braucht die IG Metall eine Tarifpolitische Bildungsoffensive? Wie wurde die Idee entwickelt?


Irene Schulz: Wir haben unsere mehr als 1.000 Veränderungspromotor*innen aus den Zukunftsreihen des Projekts „IG Metall vom Betrieb aus denken“ befragt. 80 Prozent gaben an, die Komplexität der Tarifverträge und Gesetze hinterließe viel Unsicherheit. Bei der Frage „Wo wünschst du dir mehr Wissen und Kompetenz?“ standen Tarifverträge als Antwort ganz oben.

Diese Ergebnisse verstehen wir als Auftrag. Denn sie reihen sich ein in die guten Gründe, unsere Kernkompetenz als IG Metall nicht nur abzusichern, sondern weiterzuentwickeln. Wir hatten bei den letzten BR-Wahlen mehr als 40 Prozent erstmalig gewählte Betriebsräte, bei den Vertrauensleuten sieht es ähnlich aus. Auch geht ein großer Teil unserer erfahrenen hauptamtlichen Sekretär*innen und Bildungsreferent*innen zeitnah in den wohlverdienten Ruhestand. Unsere jüngeren Kolleg*innen stehen für einen Generationenwechsel. Hier haben wir großen Qualifizierungsbedarf.

Gleichzeitig sind unsere Mitglieder, Vertrauensleute und Betriebsräte täglich mit Tariffragen konfrontiert. Deshalb trägt die Offensive auch den Titel „365 Tage Tarif“. Es geht nicht nur um die Gestaltung erfolgreicher Tarifrunden, sondern auch um die dauerhafte erfolgreiche Anwendung unserer Tarifverträge in den Betrieben.

Gute Arbeits- und Lebensbedingungen und gerechte Entgelte sind unser Anspruch, den wir konsequent – auch unter veränderten Arbeitsprozessen in den Betrieben - umsetzen wollen. Dieser Anspruch führt bekanntermaßen zu Konflikten mit den Arbeitgebern. Deshalb brauchen wir mehr Wissen, Beteiligungskompetenz und Mobilisierungs- und Konfliktfähigkeit.


Was ist genau geplant, wo stehen wir gerade?


Irene Schulz: Der Vorstand hat sein Go für das Vorhaben gegeben. Wir investieren in den nächsten vier Jahren in tarifpolitische Projekte, Qualifizierungsreihen und die Ausbildung von tarifpolitischen Expert*innen für die Geschäftsstellen, Bezirke und Betriebe.

Aktuell befinden wir uns in der Vorbereitung der ersten Umsetzungsphase. In drei Projektphasen sollen Kolleg*innen qualifiziert werden und auch selbst qualifizieren. Diese Qualifizierung wird vor Ort in betrieblichen Projektreihen durchgeführt, an denen Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam teilnehmen. Wir bilden Referent*innen aus, etablieren einen flexiblen Trainer*innenpool und fördern den Austausch und die Vernetzung zwischen den Bezirken. Als Grundlage orientieren wir uns am Projekt "IG Metall vom Betrieb aus denken" und übernehmen Erfolgsfaktoren wie Personal- und Teamentwicklung, projektbasiertes Arbeiten und innovative Lernmethoden.

Das Projekt ist eine logische Fortführung unserer in den vergangenen Jahren erfolgreich implementierten innovativen Ansätze in der Bildungsarbeit und ermöglicht uns, die tarifpolitischen Herausforderungen noch breiter und wirksamer anzugehen. Es stärkt unsere Tarifkompetenz und unsere Rolle als Gestalterin bei den zentralen Fragen „Arbeitszeit und Geld“.


Welche konkreten Impulse sind vom Projekt „IG Metall vom Betrieb aus denken“ in die Bildungsoffensive übergegangen?

Irene Schulz: Wir denken betriebliche Umsetzung und Qualifizierung noch stärker zusammen. Die enge und bewährte Zusammenarbeit zwischen Bezirken und Bildungszentren ist bei der Ausbildung von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Referent*innen, bei den tarifpolitischen Projekten und der konzeptionellen Abstimmung eine hervorragende Voraussetzung für den Erfolg.

Mit der Qualifizierung unserer eigenen Leute setzen wir auf Nachhaltigkeit. Die Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen in Tandems ist ein weiteres Erfolgsrezept. Wir brauchen fachliches, tarifpolitisches Know-how und genauso Anwendungs-, Beteiligungs- und Ansprachekompetenz. Und wir werden auch hier die Offensive nutzen, um mehr Referent*innen auszubilden, da wir beim Schwerpunkt Entgelt und Arbeitszeitgestaltung Nachwuchsbedarf haben.


Welche Bedeutung hat das Projekt für die Mitglieder, Vertrauensleute und Betriebsräte der IG Metall?


Irene Schulz: Eine große Bedeutung, das haben unsere Befragungen gezeigt. Der Wunsch unserer aktiven Metaller*innen nach mehr Sicherheit, mehr Wissen, mehr Power, um zu beteiligen und zu mobilisieren, wenn es darauf ankommt, ist allgegenwärtig. Tariffragen sind Macht- und Verteilungsfragen. Das fängt bei der Anwendung von Tarifverträgen im Betrieb an und spitzt sich in Tarifbewegungen zu. Die Erwartung der Beschäftigten und unserer Mitglieder ist klar adressiert. Bildung kann hier einen wesentlichen Beitrag leisten, um unsere Kernkompetenz in den Betrieben abzusichern. Das Besondere an der Offensive ist, dass sie ganzheitlich angelegt ist, von allen Organisationseinheiten getragen wird und tarifpolitisch in den Bezirken verantwortet wird.

In den nächsten drei bis vier Jahren investieren wir verstärkt und mit viel Power in die Ausbildung tarifpolitischer ehren- und hauptamtlicher Expert*innen, in die Umsetzung von betrieblichen Projekten und in die Qualifizierung von Betriebsräten, Vertrauensleuten und Handlungskollektiven.

Das ist eine sehr gute, eine extrem wichtige Investition.

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