Betriebsräte haben viel Verantwortung. Gerade als neuer Betriebsrat im Gremium kann es zu Beginn schwierig werden. Christian Funck ist ein erfahrener Betriebsratsvorsitzender, der oft mit neugewählten Kolleginnen und Kollegen zusammensitzt und die betriebliche Realität kennt. Wir haben ihn in seinem Büro besucht und nach Empfehlungen, Tipps und Tricks für neugewählte Betriebsräte gefragt.
Was sind die häufigsten Fragen, die neugewählte KollegInnen haben?
Die meisten Fragen beziehen sich auf die Grundbausteine für Betriebsräte. Was haben wir für Rechte? Wie ist das geregelt? Wie können wir den Kollegen helfen? Die Rechte eines Betriebsrates sind dabei vor allem Informationsrecht, Mitbestimmungsrecht und Vorschlagsrecht. Mehr findet man im Betriebsverfassung Gesetz. Wie man seinen Kollegen am besten helfen kann, erfährt man vor allem im direkten Kontakt. Mein Tipp: Genau zuhören!
Welches sind, aus deiner Sicht, die größten Herausforderungen zum Start?
Wie bei jeder neuen Aufgabe müssen die neugewählten Betriebsräte abgeholt werden. Es gibt schon einiges, was in der Betriebsratsarbeit beachtet werden muss. Entscheidungen aus dem Bauch raus sind oft falsch. Am Anfang ist alles noch Neuland und das Grundwissen noch nicht voll ausgeprägt. Das Beste, was die neuen Kollegen machen können ist es, sich erst mal zurückzunehmen, gut zuzuhören – und Geduld zu haben. Das gilt auch für das gesamte Gremium: Die ersten Betriebsratssitzungen ziehen sich oft in die Länge. Es kostet Zeit bis sich alles eingespielt hat und das Gremium als „Team“ funktioniert.
Welche Tipps gibst du deinen neuen Kollegen dann?
Man sollte sich davon nicht abschrecken lassen und die notwendige Zeit investieren. Wir haben uns angewöhnt neuen Kollegen gleich zum Start ihrer Tätigkeit die Arbeitsgesetze in die Hand zu geben und sie zum regionalen Grundlagenseminar anzumelden. Darüber hinaus: Zuhören und im Zweifel immer nachfragen!
Welche Aufgaben übernehmen die Neugewählten bei euch am Anfang und wie können sie sich darauf vorbereiten?
Am Anfang ist es schwer sie richtig einzubinden, solange ihnen Fachwissen und Erfahrung fehlt. Deswegen versuchen wir sie so schnell wie möglich ins Grundlagenseminar. Bis dahin helfen sie eher bei organisatorischen Dingen und nutzen die Betriebsratssitzungen zum Sammeln von Erfahrungswerten.
Gab es etwas, eine Situation, ein Ereignis, ein Verhalten, das dich besonders begeistert hat?
Ja auf jeden Fall. Wir haben einen neuen Kollegen der uns mit seiner Begeisterung antreibt. Er will sich gleich auf alles stürzen. Seit dem er dabei ist, arbeiten wir im Betriebsrat viel strukturierter. Aber oft müssen wir ihn auch wieder zurückholen, wenn er mangels Erfahrung und Wissen zu viel auf einmal will. Aber mit der richtigen Förderung wird das einmal ein ganz guter.
Zum Thema Seminar: Welche Schulungsreihe empfiehlst du wann und warum?
Neugewählten empfehle ich ganz klar den BR kompakt Ausbildungsgang der IG Metall.
In verschiedenen Themen Modulen lernt man hier nötigen Grundlagen zu allen wichtigen Aufgaben, Rechten und Pflichten als Betriebsratsmitglied kennen – und lernt, wie diese in der Praxis angewendet werden. Vieles kommt natürlich auch durch die Erfahrung die man im Laufe der Zeit sammelt. Da gibt es weniger eine Schablone, die sich pauschal anwenden lässt.
Was können gewerkschaftliche Bildungsträger was kommerzielle nicht können?
Sie sind näher dran an den alltäglichen Problemen der Kollegen. Dadurch haben sie super Expertenwissen in Bereichen der Mitbestimmung, in Tariffragen und Arbeitszeitgestaltung. Kurz und knapp. Sie machen einen da rechtssicher wo es wirklich drauf ankommt. Zudem stehen die regionalen Geschäftsstellen jeder Zeit zur Unterstützung und Umsetzung zur Verfügung. Die gezielte Beratung auch in den Betrieben ist sicherlich ein weiterer entscheidender Vorteil.
Kommen wir einmal zu den Dos and Don´ts. Lieber Christian, was sind deine Top-Tipps für einen guten Start. Worauf sollten die „Neuen“ am Anfang unbedingt achten?
1 Rechte und Pflichten kennen - Gerade am Anfang ist es wichtig, sich schnell einen Überblick über eure neue Rolle und die rechtlichen Grundlagen zu verschaffen.
2 Fachwissen gezielt aufbauen - Nehmt euch Zeit für den Aufbau von umfassenden Grundlagenwissen und baut euer Wissen kontinuierlich weiter aus
3 Nicht zu viel wollen - Übernehmt am Anfang lieber organisatorische Aufgaben und macht diese gut; so erspart ihr euch Frust
4 Geduld mitbringen - Bleibt gelassen und versucht, nicht ungeduldig oder ungehalten zu werden – das führt meistens zu Fehlern
Welches sind die häufigsten Fehler, die vermieden werden können?
1. Einfach lospoltern - Neue Betriebsräte wollen oft alles ganz anders und ganz schnell. Damit macht ihr mehr kaputt und tretet den KollegInnen auf die Füße.
2. Aus dem Bauch heraus argumentieren - Betriebsratsarbeit geht es um Rechte und nicht um Gefühle - am Anfang ist es ratsam sich etwas zurückzuhalten
3. Einfach was behaupten - Besser zugeben, wenn man was nicht weiß: Gebt auf Fragen der Kollegen lieber keine als die falsche Antworten.
4. Nicht richtig zuhören - Kostet Zeit und Nerven: wer nicht richtig zuhört macht entweder Unnötiges oder Fehler; deswegen im Zweifel lieber noch mal nachfragen.
Und zu guter letzt dein Seminartip? Gerade den Neugewählten empfehle ich ganz klar den BR kompakt Ausbildungsgang - Wissen und Know–How von erfahrenen Praktikern.
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