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»Sei deine eigene Heldin« – starke Persönlichkeiten für eine starke Demokratie

In Emden wurden Ende August die ersten Demokratiekämpfer*innen ausgebildet. Ein Besuch in der Halbzeit des zweieinhalbtägigen Seminars.


Die Demokratie steht unter Druck. Um sie aktiv zu verteidigen, bildet die IG Metall Demokratiekämpfer*innen aus. Bundesweit und für betriebliche und überbetriebliche Gruppen bietet die Gewerkschaft in den nächsten Monaten die vierteilige Seminarreihe an, die Metaller*innen fit machen soll für die Diskussionen, die zur Zeit in immer mehr Betrieben, Familien und Freundeskreisen stattfinden. Das erste Seminar hat nun in Emden stattgefunden – mit 25 Menschen aus sieben Betrieben, von  Jungendausbildungsvertretungen bis zu Seniorenausschuss-Mitgliedern, aus betrieblichen Arbeitsgruppen ebenso wie aus Arbeitskreisen der IG Metall-Geschäftsstelle.


Zweieinhalb Tage lang ging es zum einen um Inhaltliches: Worin genau besteht die Bedrohung der Demokratie? Was wollen rechte Organisationen und warum gewinnen sie gerade in diesen Zeiten so viele Anhänger*innen? Zum anderen haben die Teilnehmenden Argumentationstrainings praktiziert, sich mit Argumentationen auseinandergesetzt und damit, dass es nicht die eine Antwort gibt, die man auf einem Zettel in der Tasche hat. »Vielmehr geht es darum, sich empathisch mit denen auseinanderzusetzen, die an der Demokratie zweifeln, auf sie zuzugehen, Sorgen und Nöte anzuhören und dann gemeinsam solidarische Lösungen zu entwickeln«, erklärt Chaja Boebel, im Ressort Grundsatzfragen und Gesellschaftspolitik des IG Metall-Vorstands verantwortliche Koordinatorin für das Engagement der Gewerkschaft gegen demokratiefeindliche Tendenzen und Referentin des Seminars.



Franka Helmerich, erste Bevollmächtigte der IG Metall Emden hatte die Fortbildung für ihre Region schon mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 und die Betriebsratswahlen 2026 organisiert: »Wir wollen jetzt schon in unseren Gremien in den Betrieben Multiplikator*innen unter den Kolleg*innen  finden, um dem Rechtsruck entgegenzutreten«. Auch in Emder Betrieben gebe es Menschen, die rechte Positionen vertreten, die – vor allem über soziale Medien – geteilt und verbreitet würden . »Wir wollen die Kolleg*innen stärken, damit sie sich im täglichen Austausch, egal ob an der Werkbank oder auf dem Geburtstag der Schwiegermutter, behaupten können«.

 

Genau das hatte viele der Teilnehmenden motiviert, an dem Seminar teilzunehmen: Torsten arbeitet bei VW und findet: »Die politische Landschaft bei uns wird immer brisanter, und wir brauchen die Demokratie, um unsere Arbeitsplätze und unsere soziale Absicherung zu schützen«. Die Transformation, in der auch Volkswagen stecke, mache vielen Menschen Angst, aber »Angst führt leicht zu Populismus, und wir brauchen konkrete Ziele, Leitplanken und Sicherheit«.



Teilnehmerin Kathrin begegnet besonders im privaten Bereich immer mal wieder  rassistischen Äußerungen. In dem Seminar habe sie nun gelernt, «dass viel zu wenig bekannt ist, was in den Ländern passiert, in denen rechtsextreme Parteien an der Macht sind – beispielsweise was dort mit Arbeitnehmer*innen geschieht«.

Und Teilnehmer Julian treibt an, »dass bei den Wahlen immer mehr rechte Parteien gewählt werden, die nicht hinter der Demokratie stehen und alle Errungenschaften, die wir in den letzten Jahrzehnten erreicht haben, zunichtemachen wollen«.

 


Genau dagegen kämpft die IG Metall: »Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass wir Mitglieder haben, die im Betrieb arbeiten und undemokratische Parteien wählen. Diese bringen ihr Gedankengut in die Organisation ein und könnten, wenn wir nicht gut aufgestellt sind, die Debatte dominieren und uns von unseren in der Satzung verankerten Grundwerten wegzubewegen versuchen«, erklärt Chaja.




 

Denn dass die IG Metall in den Betrieben eine starke Macht ist, die im Interesse der Kolleg*innen vieles erkämpft, »ist im Betriebsratsgremium nur möglich, wenn wir mit einer starken, gemeinsamen Stimme sprechen«. Und so sollen die Demokratiekämpfer*innen auch helfen, eine Art Resilienz gegen rechte Ideen und rechte Listen bei den nächsten Betriebsratswahlen zu entwickeln. Starke, glaubwürdige und empathische Persönlichkeiten sollen das sein, die in der Lage sind, in Diskussionen für eine demokratische solidarische Kultur einzustehen.

 

Das zu lernen – auch darum ging es in Emden. »Sei deine eigene Heldin, dein eigener Held«, hat eine Teilnehmerin gesagt und damit gemeint: »Sei sichtbar als die Person, die du bist.« Denn natürlich sei jede und jeder Teil eines Kollektivs, aber eben auch jemand, die alleinerziehende Mutter ist, jemand mit einem großen Interesse an der Natur oder an der Kunst. »Je mehr die Menschen etwas finden, wo sie bei dir andocken können und sehen, dass du trotz deiner persönlichen Herausforderungen bereit bist, dich für den Erhalt der Demokratie einzusetzen, desto mehr können sie sich an dir orientieren«, erklärt Chaja.

 




Und so haben die Teilnehmenden in Emden ihre betrieblichen und persönlichen Lebenswirklichkeiten miteinander verknüpft. Sie haben viel über die spezifische Situation vor Ort diskutiert und wollen Handlungskollektive bilden, die auch dann arbeitsfähig bleiben, wenn der Ausbildungsgang beendet ist. Es geht beispielsweise um Aktionen der JAV, schon bei den Begrüßungsrunden der neuen Auszubildenden das Thema an Hand sozialer Ungleichheit anzusprechen, es geht um eine bessere Vernetzung der Geschäftsstelle mit anderen demokratischen Träger*innen der Zivilgesellschaft in Emden, es geht darum, beispielsweise direkt an den Arbeitsplätzen im VW-Werk als Vertrauensleute-Team interaktionsfähig zu werden. Auch  bei den Senior*innen ist eine Idee entstanden: beispielsweise wollen sie Bündnisse schaffen, vielleicht mit dem Sozialverband oder »Omas gegen Rechts«. Die in diesem ersten Modul der Reihe entwickelten Ideen werden nun mit Leben gefüllt und im nächsten Teil der Reihe  weiter bearbeitet.




 

Damit auch morgen gilt, weswegen Melanie sich entschieden hat, Demokratiekämpfer*in zu werden: »Ich möchte, dass wir Vielfalt erleben, dass wir verschiedene Ansichten diskutieren können, dass wir in unserem Verhalten und Tun nicht eingeschränkt werden. Das macht mich glücklich.«


Mehr Infos gibt es hier:

IG Metall, Gewerkschaftliche Bildungsarbeit



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