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Bildung, Beteiligung, Empowerment und Macht

Über (Macht-)Potenziale in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit

von Jonas Künkel Wir haben eine Schwarmintelligenz, die in der gemeinsamen Auseinandersetzung zum Ausdruck kommt und uns ermöglicht, neue Antworten zu finden und wirksam zu sein. Zwei positive Beispiele. Empowerment und Beteiligung sind für mich Grundpfeiler und Bezugspunkt unserer gewerkschaftlichen Bildungsarbeit. Wir wollen Menschen dazu befähigen, selbst aktiv zu werden und als Gewerkschafter*innen und Demokrat*innen im Sinne unserer Solidargemeinschaft zu handeln.

Empowerment verstehe ich als einen ganzheitlichen Arbeitsansatz. Dieser ist im Rahmen gewerkschaftlicher Bildungsarbeit geeignet, Selbstbefähigung zu fördern, Autonomie und Eigenmacht zu stärken. Die Kolleg*innen werden dabei unterstützt, ihrer Fähigkeiten und Talente einzusetzen, zu entwickeln. Es werden neue Ressourcen freigesetzt. Wenn sich Kolleg:innen eigenverantwortlich engagieren, sind diese potenziell stärker involviert.

Wir möchten Lern- und Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen. Durch Empowerment und einen ganzheitlichen Beteiligungsansatz Kolleg*innen dabei unterstützen, in den Betrieben Erfolge und Selbstwirksamkeit zu erlangen. Die politische Partizipation der Kolleg:innen wird ebenso gestärkt, wie ihre Identifikation mit der Gewerkschaft und der Demokratie.

Unsere Stärke ist zudem die Einbeziehung von Vielfalt und unterschiedlichen Perspektiven, gerade in der Transformation. Diese Schwarmintelligenz, die in der gemeinsamen Auseinandersetzung zum Ausdruck kommt, ermöglicht uns, neue Antworten zu finden. Auch weil sie hinterfragt, kritisch ist und reflektiert.

Neben dem Projekt die IG Metall vom Betrieb aus denken und den dazugehörigen Modulreihen gibt es viele gute Beispiele von Empowerment und Beteiligung - beispielsweise in verschiedenen betrieblichen Konflikten und Tarifbewegungen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Geschäftsstelle Schweinfurt, die gemeinsam mit ihren Vertrauenskörpern ein Projekt entwickelt hat, das bewusst auf Auseinandersetzung setzt– und zwar jede*r mit sich und zusätzlich im Dialog mit anderen. Diese Auseinandersetzung, diese konstruktive Reflexion ist der Schlüssel für einen tiefgreifenden Veränderungsprozess, der sowohl individuelle als auch kollektive Dimensionen hat. Sie ist der Schlüssel für Entwicklung. Die Spannung, der Konflikt zwischen zwei Polen sorgt für Bewegung, für neue Erkenntnisse und Ideen – wenn wir sie konstruktiv zu nutzen wissen.

Ein weiteres positives Empowerment-Beispiel ist der Ortsjugendausschuss (OJA) der Geschäftsstelle Mainz-Worms. Dort solidarisierte sich der OJA mit einem Javi, welcher als Pflegekind und Azubi nach der gültigen Rechtslage 75 % seines Azubi-Gehalts an den Staat zurückzahlen musste. Nach dem Motto: „Wir haben dich vorher finanziert, und jetzt kannst du etwas zurückzahlen“. Der OJA nahm das Thema selbstbestimmt in die eigenen Hände und erwirkte mithilfe von Ministerpräsidentin Malu Dreyer – öffentlichkeitswirksam – die Initiative „Gerechtigkeit für Pflegekinder“, die es schaffte, das Thema in den Bundestag und Bundesrat zu tragen. Für den OJA war die Reduzierung des Beitrags für Pflegekinder ein großer Erfolg, obwohl der Kompromiss auf einen 50%-Beitrag kritisiert wurde. Die Wirkweise der Demokratie war in diesem Prozess für den OJA Mainz-Worms direkt erlebbar.

Es ist die Basis für eine lebendige Demokratie und gleichzeitig auch Grundlage für das Entwickeln und Verteidigen stabiler demokratisch-solidarischer Werte und Überzeugungen, die uns als Gewerkschaft ausmachen. Denn gerade in einer Kultur der Vielfalt müssen wir in der Lage sein, auch eine klare Kante zu zeigen. Gegen rechts, gegen Antisemitismus und Ausgrenzung. Und zwar kontinuierlich, gemeinsam mit anderen. Empowerment heißt im Kern Verantwortung zu übernehmen, für sich, andere und unsere Demokratie. Kolleg:innen ganzheitlich zu beteiligen und zu empowern. Darin stecken für uns als Solidargemeinschaft und Gewerkschaft enorme Machtpotentiale. Macht, die Transformation in Sinne der Kolleg*innen konstruktiv zu gestalten. Und Macht, als Gewerkschaft für eine demokratische Gesellschaft zu kämpfen!

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